Langlebigkeit vor starren Quoten

25.09.23
Marienkäfer auf dem Blatt einer Bio-Baumwollpflanze

Biologisch erzeugte Baumwolle für langlebige Produkte. ©Cotonea

Erfahren Sie wie Cotonea, die Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft angeht und warum Qualität und Langlebigkeit wichtiger sind als starre Recyclingquoten.

Nachhaltigkeit gewinnt für die Textilindustrie zunehmend an Bedeutung und schlägt sich in Gesetzesvorhaben nieder. Kreislaufwirtschaft ist hierbei ein viel diskutiertes Thema. Doch zwischen Theorie und Praxis klaffen Lücken. Roland Stelzer, Geschäftsführer von Cotonea und Vorreiter in der Herstellung von Bio-Baumwolltextilien, ordnet ein:
Die EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien sieht unter anderem vor, dass Textilerzeugnisse langlebig und recyclingfähig sind, was wir begrüßen. Zudem sollen sie größtenteils aus Recyclingfasern bestehen. Über die Ökodesign-Verordnung will die EU einen höheren vorgeschriebenen Rezyklatfaseranteil erzielen. Eine solche Mindestquote, die pauschal für alle Produkte gilt, lehnen wir entschieden ab: Qualitativ hochwertige und langlebige Produkte sind nachhaltiger als kurzlebigere Produkte mit einem vorgeschriebenen Recyclinganteil.

Die Komplexität der Textilproduktion

Das Vorhaben, Rohstoffe in einem geschlossenen Kreislauf zu halten und so die Umweltbelastung zu minimieren, ist zweifels- ohne erstrebenswert: Produkte sollten so gestaltet – und bearbeitet! – werden, dass ihre Rohstoffe am Ende des Nutzungszyklus ohne Qualitätsverlust wieder verwendet werden können. Ansonsten sprechen wir von Downcycling. Die Realität in der Textilherstellung ist komplex: Textilien werden häufig aus mehreren Rohstoffen hergestellt. Drei grundsätzlich verschiedene Faserarten kommen zum Einsatz: Naturfasern wie Baumwolle oder Wolle, Synthesefasern, die aus Erdöl synthetisiert werden und Zellulosefasern, die aus natürlicher Zellulose in einem aufwendigen chemischen Prozess hergestellt werden.
Diese Textilien werden zudem gefärbt und mit Funktionen ausgerüstet. Dafür werden chemische Substanzen eingesetzt, die sich an die Fasern oder Filamente binden. In der Konfektion kommen Accessoires wie Reißverschlüsse oder Applikationen hinzu, die aus anderen Materialien mit anderen Eigenschaften bestehen.

Recycling und seine Herausforderungen

Diese vielschichtigen Prozesse machen es schwierig, einen geschlossenen Kreislauf zu gewährleisten, bei dem die Rohstoffe nicht an Qualität verlieren. Baumwollfasern etwa lassen sich nicht so recyclen, dass aus ihnen direkt wieder ein qualitativ hochwertiges Produkt entsteht. Kunstfasern wie Polyester bringen – neben der Problematik, dass sie auf Rohöl basieren – auch den Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt mit sich. Ob sie nun recycelt sind oder nicht.
Je nach Faserart und -mischung erfordert Recycling unterschiedliche Prozesse: Mechanische, thermische und chemische oder eine Kombination daraus. Diese verbrauchen ebenfalls Energie und Ressourcen. Recycling ist also nicht pauschal die ökologischste Lösung, diese variiert im Einzelfall.

Orientierung an Cradle to Cradle Ansatz

Cotonea orientiert sich in seiner Produktentwicklung am Cradle to Cradle Ansatz. Dieser unterscheidet zwischen einem biologischen und einen technischen Kreislauf.
Der Fokus liegt auf hochwertiger Bio-Baumwolle, die nach den anspruchsvollsten ökologischen Standards angebaut und weiterverarbeitet sowie fair gehandelt wird.
Wir setzen auf ökologisch abbaubare Farbstoffe und Hilfsmittel sowie Accessoires aus natürlichen Materialien wie Steinnussknöpfe. Zudem wird großer Wert auf eine hohe Qualität in der Verarbeitung der Bio-Baumwollprodukte von der Fasermischung, der Garnerzeugung und der Flächenbildung über die Ausrüstung bis zum fertigen Textil gelegt. Das sorgt für eine lange Lebensdauer.

Wegweisende Entscheidung für die Zukunft

Die entscheidende Frage ist: Wollen wir langlebige Produkte oder weiterhin minderwertige Wegwerfprodukte wie sie das Fast Fashion System produziert – jetzt eben aus Recyclingfasern? Cotonea wünscht sich von der Politik sachgerechte, naturwissenschaftlich basierte Vorschläge und keine pauschale Zwangsquote für Recyclingfasern.

Quelle: Dieser Artikel ist in Ausgabe 3/23 der textile network erschienen.
Weitere Infos dazu unter https://textile-network.de/de/Business/Neue-Ausgabe-textile-network-3-23