Noch können Kleinbauern 70 Prozent der Menschheit ernähren, aber sie stehen massiv unter Druck

23.05.18
Kleinbäuerinnen stellen Ihre Ware auf dem Bananenmarkt in Uganda zum Verkauf

Kleinbäuerinnen bieten ihre Waren auf dem Markt an

Obwohl die Kleinbauern des globalen Südens nur 35 Prozent der weltweit nutzbaren Fläche bewirtschaften, ernähren sie doch 70 Prozent der Menschheit. In diesen bevölkerungsreichsten Teilen der Erde, in Asien und Afrika, leben aber 76 Prozent der Weltbevölkerung – der Bedarf übersteigt also die Menge der produzierten Nahrung. Der Norden hingegen nutzt 65 Prozent der zur Verfügung stehenden Fläche und ernährt damit nur 30 Prozent der zurzeit sieben Milliarden Menschen – deren industrielle Produktion benötigt Unmengen an Energie, Wasser und Kapital.

Eine stark wachsende Bevölkerung, Flucht aufgrund von Unruhen und Bürgerkriegen, zunehmende Hitzeperioden und Dürren durch Wasserknappheit (Klimawandel), veränderte Ernährungsgewohnheiten sowie der zunehmende Anbau von Pflanzen für Export-Produkte führen dazu, dass der Selbstversorgungsgrad dieser Länder sinkt und die Abhängigkeit von importierten Grundnahrungsmitteln wie Getreide oder Reis steigt. Der Handel damit liegt in den Händen nur weniger Unternehmen des reichen Nordens. Zudem haben die Industrienationen ihre Finanzmittel zur Unterstützung der afrikanischen Landwirtschaft drastisch gekürzt. Wer wundert sich noch über wachsende Flüchtlingsströme?

Um dem entgegenzuwirken, setzt die Welternährungsorganisation FAO auf eine Stärkung der Kleinbauern. Die bauen traditionell heimische, an die regionalen Bedingungen angepasste Sorten an, ihr Anbau verbraucht kaum Ressourcen und ist bei ökologischem Anbau sogar CO2-neutral. Cotonea erlebt in seinen eigenen Bio-Projekten, dass mit guten Schulungen und einiger Erfahrung die Ernten gleich hoch ausfallen wie in der konventionellen Landwirtschaft – bei deutlich geringerem Ressourcenverbrauch und Kapitaleinsatz.

Eine starke Agrarlobby übt auf die Regierungen vieler afrikanischer Länder intensiven Einfluss aus, damit dort genmanipulierte Saaten, Pestizide und Kunstdünger eingesetzt werden müssen. Uganda hat Anfang 2017 die Verwendung von GMO-Saaten per Gesetz verboten. Schon im Oktober 2017 gab die Regierung dem Druck der Lobbyisten nach und verabschiedete ein Gesetz, das den Einsatz von GMO-Saaten vorschreibt! Dasselbe passierte in Malawi, Kenia und Ghana (The Independent, Kampala). Die Agrarlobby und die Bill und Melinda Gates-Stiftung verfügen über sehr viel Geld, korrupte Regierungen sind dafür leider empfänglich.

Das größte Hemmnis für die Entwicklung einer eigenen Landwirtschaft in Afrika aber sind die Subventionen. Mit ihnen stützen reiche Länder ihre eigenen Bauern, so dass der Weltmarktpreis unter dem Einstandspreis liegt. Kein afrikanischer Kleinbauer kann damit konkurrieren. Diese Subventionen abzuschaffen, wäre echte Entwicklungszusammenarbeit. Mittlerweile entwickelt sich ein noch größeres Problem: das so genannte „land grabbing“. Besonders China betreibt hier eine aggressive Politik, Pachtverträge und Abkommen bleiben geheim, Menschenrechte werden missachtet. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass den Bauern unter großem Druck die Ernten abgenötigt und in eigenen (chinesischen) Fabriken direkt vor Ort verarbeitet werden. China hat die fünf Tugenden des Konfuzianismus (Menschlichkeit, Vertrauenswürdigkeit, Sittlichkeit, Rechtschaffenheit und Weisheit) längst verlassen.

Was setzt Cotonea dagegen? Es ist die Idee der Kooperative! In Uganda und Kirgistan haben wir gemeinsam mit Partnern vor Ort ökologische Projekte aufgebaut und Bauern in ökologischer Landwirtschaft geschult. Inzwischen leben einige zehntausend Menschen davon und haben eine Zukunftsperspektive. Außer Baumwolle wird in Uganda inzwischen Sesam und Chili angebaut, im letzten Jahr hat man 24.000 Macadamia-Setzlinge gepflanzt. Es ist höchste Zeit, dass die reichen Länder ihren Egoismus aufgeben. Ist es zu visionär, sich eine gemeinsame, abgestimmte Entwicklungspolitik aller Industrienationen zu wünschen, die am Ende des Tages allen – statt nur den aggressivsten – nützen würde?